Deutschlandfunk: Deutsche Zufalls-Amerikaner im Visier der US-Steuerbehörde

4 min
Veröffentlicht am: 12-11-2019 Zuletzt geändert am: 19-03-2024

Laut einer Radiosendung von Deutschlandfunk: Deutsche Zufalls-Amerikaner im Visier der US-Steuerbehörde

Sie nennen sich „Zufalls-Amerikaner“: Deutsche, die eher zufällig auch US-Staatsbürger sind, etwa weil sie in den Staaten geboren wurden. Als US-Bürger sind sie dort steuerpflichtig, was die Steuerbehörde IRS mittlerweile verfolgt. Mit teils heftigen Folgen für die Betroffenen.

An Selbstbewusstsein mangelt es Jan Möllendorf nicht. Der 51-Jährige aus Erlangen führt eine mittelständischen Firmengruppe mit 300 Beschäftigten. Doch wenn er Post aus den USA von der Steuerbehörde IRS bekommt, wird er unruhig und kann seinen Ärger nur mühsam zügeln.

„Wir haben nie Thanksgiving gefeiert. Wir haben keinen Zugang zur amerikanischen Kultur. Und auf einmal hält jemand die Hand auf und will vom mir Geld haben, obwohl ich mit denen in überhaupt keiner Beziehung war.“

Schätzungsweise 80.000 bis 100.000 „Zufalls-Amerikaner“ leben in Deutschland

Möllendorf wurde 1968 in Seattle geboren, weil sein Vater seinerzeit als deutscher Ingenieur bei Boeing arbeitete. Nach ein paar Jahren kehrte die Familie zurück nach Deutschland. Möllendorf ging hier zur Schule, leistete seinen Wehrdienst, studierte und zahlte immer seine Steuern – in Deutschland.

„Ich war, übrigens, auch immer nur als Tourist in den USA. Ich habe nicht ein einziges Mal in irgendeiner Form irgendeinen Nutzen von der Staatsbürgerschaft gehabt – außer, dass ich auf Partys eine lustige Geschichte zu erzählen hatte.“

Ungewollter Nebeneffekt Reichenbesteuerung FATCA

Fünf Buchstaben bringen ihn auf die Palme: FATCA. Das steht für: Foreign Account Tax Compliance Act, also in etwa: Gesetz zur Steuererklärung ausländischer Konten. Damit wollte die Obama-Administration 2010 reichen Amerikanern auf die Spur kommen, die ihr Vermögen im Ausland – vorzugsweise in Steueroasen – vor dem US-Fiskus zu verstecken versuchten.

Doch jetzt stellt sich heraus: FATCA hat einen ungewollten Beifang. Auch unbescholtene Deutsche mit US-Zweitpass geraten ins Netz der Steuerverwaltung; denn 2013 beschloss der Bundestag, den USA quasi „Amtshilfe“ zu leisten, sagt der Bochumer Steuer-Professor Roman Seer.

„Aufgrund dieses FATCA-Abkommens muss die Bundesrepublik Deutschland die in Deutschland ansässigen Banken verpflichten, nach amerikanischen Staatsbürgern ihre Konten zu sichten und diese dem Bundeszentralamt für Steuern in Bonn zu melden, damit die dann diesen Datensatz einmal im Jahr den Amerikanern zur Verfügung stellen.“

Deadline Zufalls-Amerikaner: 31. Dezember dieses Jahres

Doch das ist aufwendig, die Künden müssen kontaktiert werden. Und: Den Banken sitzt die Zeit im Nacken. Spätestens bis zum 31. Dezember dieses Jahres müssen sie den US-Behörden die Kundendaten „geliefert“ haben. 

Um den Aufwand möglichst gering zu halten, kündigen einige Geldhäuser nun einfach selbst langjährigen Kunden die Konten. So heißt es in einem Schreiben der Commerzbank:

„Die Commerzbank hat sich entschieden, das Wertpapiergeschäft mit Personen, die einen Bezug zu den USA besitzen, weitgehend einzustellen. Hintergrund sind umfangreiche rechtliche Vorschriften in den USA. Die Commerzbank ist als internationale Geschäftsbank dazu verpflichtet, diese geltenden Regelungen zu beachten.“

Zufalls-Amerikaner sind komplett im Stress

Davon betroffen sind sogar die existentiell wichtigen Girokonten. Daan Durlacher, ein Niederländer mit US-Zweitpass, kennt zahlreiche Fälle.

„Wir bekommen täglich zehn und mehr Meldungen von Betroffenen, wo eine deutsche Bank das Bankkonto schließt. Die US-Steuerpflicht zu erfüllen, ist sehr kompliziert. Dazu braucht man unbedingt professionelle Hilfe. Und das kostet Geld. Die meisten Leute, mit denen wir sprechen, sind komplett im Stress, schlafen schlecht und sind sehr verunsichert.“

Durlacher leitet eine Selbsthilfegruppe von „Zufalls-Amerikanern“ Americans Overseas und organisiert den Widerstand. Dort suchte auch Catherina Stauch aus Düsseldorf Hilfe – geboren vor 62 Jahren „zufällig“ in Knoxville, Tennessee.

„Manchmal ergreift mich die Panik, weil ich denke, ich schaffe das alles nicht. Ich muss das mit der amerikanischen Steuerkanzlei regeln; ich muss das mit den Konten regeln, die ich offenzulegen habe; es kostet viel Geld. Ich weiß nicht, was auf mich zukommt. Es ist einfach nur Panik und Beeinträchtigung des Alltags.“

Hilfe von der Politik für Zufalls-Amerikaner?

Anders als in Holland und Frankreich seien die „Zufalls-Amerikaner“ in Deutschland überhaupt kein Thema, wundert sich Daan Durlacher. Er fordert von der Politik, dass sie ihren Bürgern jetzt hilft.

„Zuerst müssen die deutschen Politiker sich bewusst sein, dass eine große Anzahl deutscher Staatsbürger und Steuerzahler hier durch einen Fehler Opfer sind und Geisel sind für ein Gesetz, das nicht gemacht wurde für diese Zielgruppe. Also, neue Verhandlungen mit den USA müssen da anfangen. Der Effekt von FATCA für diese Gruppe war nicht geplant und soll also repariert werden.“

Auch die Staatsbürgerschaft aufzugeben ist kostspielig

Unternehmer Jan Möllendorf aus Erlangen wird jetzt rückwirkend seine Steuern in den USA erklären. Anschließend gibt er vielleicht seine Staatsbürgerschaft ab. Was ebenfalls Zeit und Geld kostet. Möllendorf fühlt sich manchmal, als hätte er eine seltene Krankheit.

„Die Menschen mit seltenen Krankheiten haben ja das Problem: Alle sagen: ‚Oh, du Armer!‘ Aber keiner kümmert sich drum, weil es sich wirtschaftlich nicht lohnt in dem Fall.“

Catherina Stauch will weiterkämpfen, vor allem gegen die Praxis der Banken. Denn ein Girokonto zu besitzen, sagt sie, sei schließlich ein Grundrecht für jedermann.

Americans Overseas: Hilfe für Zufalls-Amerikaner

Wir helfen Zufalls-Amerikaner sich an die US-Steuergesetze zu halten und unnötige Doppelbesteuerung zu vermeiden. Möchten Sie weitere Informationen über Neues Hilfsprogramm für Zufalls-Amerikaner  bei Americans Overseas erfahren?

Wir, die Gründer von Americans Overseas, wurden in Europa geboren und erhielten unsere amerikanische Staatsbürgerschaft durch unsere (amerikanische) Mutter.

Als wir dies zum ersten Mal um 2013 hörten, gab es Unglauben (das kann doch nicht wahr sein), Wut (wo man das einfach so machen kann), Angst (bekomme ich jetzt Geldstrafen oder Probleme) und Panik (was soll ich tun?) Es ist (leider) wahr, dass es eine amerikanische Steuerpflicht gibt.

Für uns gab es keine Informationen von der lokalen Regierung, das Konsulat verwies uns an das amerikanische Finanzamt, aber das Finanzamt war undurchdringlich. Deshalb haben wir diese Initiative ins Leben gerufen, um Menschen aus aller Welt mit guten Informationen zu helfen, unnötige Panik zu vermeiden und unverbindlich und kostenlos Hilfe zu leisten. 

Wenn gewünscht und notwendig, verfügen wir über ein Netzwerk von bezahlbaren Fachleuten (Buchhaltern und US Steuerberater), die Ihnen bei Ihren Verpflichtungen behilflich sein können und möglicherweise Doppelbesteuerung UA Deutschland vermeiden.

Haben Sie weitere Fragen zum Neues Hilfsprogramm für Zufalls-Amerikaner ? Wenn das der Fall ist, kontaktieren Sie Americans Overseas.

 

 

Nehmen Sie jetzt für weitere Informationen Kontakt auf

 

 

 

Quelle: Deutschlandfunk

 

 

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