Wiesbadener Kurier berichtet: Eine Deutsche verliert ihr ING-DiBa-Girokonto, weil sie in den USA geboren wurde. Sie ist eine „Zufalls-Amerikanerin“ und führt einen ungerechten Kampf gegen Banken und die US-Steuerbehörde.
Für Susanne Meier war die doppelte Staatsbürgerschaft bislang nicht mehr als ein amüsantes Gesprächsthema mit Freunden.
Sie ist Deutsche, verheiratet und zahlt bis heute als Lehrerin hier ihre Steuern. Und doch könnte ihr Geburtsland, die Vereinigten Staaten, schon bald dazu beitragen, dass sie ohne ein eigenes Bankkonto auskommen muss. Ein Schicksal, das sie mit vielen weiteren sogenannten „Zufalls-Amerikanern“ teilt.
Meier wurde Anfang der 60er Jahre in den USA geboren. Ihre Eltern sind deutsche Staatsbürger und lebten zu diesem Zeitpunkt in Boston. Bereits ein Jahr später zog es die Familie wieder zurück in die Heimat.
Verbindungen in die USA unterhält sie keine. Doch das US-Gesetz ist klar: Mit ihrem Geburtsort hat Meier auch die amerikanische Staatsbürgerschaft und gilt gleichzeitig in den USA als steuerpllichtig – egal, in welchem Teil der Erde sie heute wohnt.
Das spielte für die Taunussteinerin bislang keine Rolle. Doch dann wurde ihr der Foreign Account Tax Compliance (FATCA)zum Verhängnis.
2008 wurde das US–Gesetz ins Leben gerufen, um verstecktes Vermögen im Ausland aufzudecken und Steuerhinterziehung zu verhindern. Die USA haben dazu Abkommen mit Partnerländern, darunter auch Deutschland, geschlossen, die sich wiederum verpflichten, Kontoinformationen und US–Steueridentifikationsnummern (TIN/SSN) von Bankkunden mit US–Staatsangehörigkeit an die Bundessteuerbehörde der Vereinigten Staaten (IRS) zu melden. Die nötigen Daten mutmaßlicher US–Bürger erhält das Bundeszentralamt für Steuern von Finanzinstituten wie Banken und Sparkassen.
Werden diese Daten nicht geliefert, drohen den Banken hohe Bußgelder. Das Problem: Viele betroffene „Zufalls–Amerikaner„ besitzen bislang keine TIN/SSN, da sie nur als Kinder in den USA gelebt haben – so auch Meier.
Als sie im Herbst einen Brief von ihrer Bank, der ING–DiBa, mit der Bitte um die Aktualisierung ihrer Daten erhielt, waren die Folgen noch nicht absehbar.
„Die Bank drohte mit Kündigung im April, wenn wir die notwendige TIN/SSN nicht mitteilen. Doch diese muss erst über das Konsulat beantragt werden„, kritisierte die 62–Jährige.
Anfang Dezember erhielt sie einen Termin für April 2023. Die endgültige Ausstellung einer TIN/SSN kann allerdings bis zu einem Jahr dauern. Viel zu spät für die 62–jährige, die daraufhin Kontakt zu ihrer Bank aufnahm.
Eine Fristverlängerung oder weitere Unterstützung erhielt sie trotz ihrer Bemühungen nicht. Auf Anfrage bestätigte ein Sprecher der ING–DiBa: „Aufgrund der Vorschriften und unseren Konzernvorgaben können wir Konten grundsätzlich nur dann aufrechterhalten, wenn uns eine gültige Selbstauskunft vorliegt.“
Auch der Versuch, bei sechs anderen Banken ein Konto zu eröffnen, scheiterte. Sobald ihre Staatsbürgerschaft thematisiert wurde, hagelte es Absagen und weitere Gespräche wurden kurzerhand gestrichen, berichtete Meier.
Zur selben Zeit führte Meier erste Gespräche mit der niederländischen Selbsthilfegruppe Americans Overseas. Die Organisation schätzt, dass europaweit bis zu 300.000 Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft in den Blick der US–Steuerbehörden geraten sind.
Der 62–Jährige vermittelte man zügig den Kontakt zu Fachanwälten, die sich für ihre Dienste großzügig bezahlen lassen. Erst in weiteren Gesprächen wurde ihr nun bewusst, dass sie durch ihre Staatsbürgerschaft auch verpflichtet ist, eine US–Steuererklärung abzugeben.
Um etwaigen Strafen aus dem Weg zu gehen, durchläuft sie aktuell ein aufwändiges Amnestieverfahren (Streamlined Procedure). Dafür muss sie ihre Kontostände der vergangenen Jahre offenlegen und eine rückwirkende Steuererklärung ab 2020 vorlegen.
„Wenn ich könnte, würde ich die Staatsbürgerschaft am liebsten sofort ablegen„, erklärte Meier. Doch auch das ist gar nicht so einfach. Für einen entsprechenden Antrag muss sie zusätzlich noch zwei weitere Jahre ihre US–Steuererklärung abgeben. Bis zu einer möglichen Rückgabe ihres US–Passes im Jahr 2025 werden die Kosten für Anwälte weiter steigen, und die Einreisebedingungen in die USA für deutsche Staatsbürger werden sich auch weiter verschlechtern.
Unterdessen scheint auch die IRS Kenntnis von dem Dilemma zu haben. In einer kürzlich veröffentlichten Bekanntmachung teilte die Behörde mit, dass Banken auch bei nicht vorliegenden TINs/SSNs ihrer Kontoinhaber zukünftig nicht befürchten müssen, von Sanktionen betroffen zu werden.
Wie die ING–DiBa mitteilt, werden sie die neuen Vorgaben nun prüfen und in den Geschäftsabläufen berücksichtigen. Unterdessen wird die 62–jährige weiter um die Eröffnung eines neuen Girokontos kämpfen müssen. Dies sei schließlich, sagt sie, ein Grundrecht für jeden in Deutschland.
Wir, die Gründer von Americans Overseas, wurden in Europa geboren und erhielten unsere amerikanische Staatsbürgerschaft durch unsere (amerikanische) Mutter.
Als wir dies zum ersten Mal um 2013 hörten, gab es Unglauben (das kann doch nicht wahr sein), Wut (wie man das einfach so machen kann), Angst (bekomme ich jetzt Geldstrafen oder Probleme) und Panik (was soll ich tun?) Es ist (leider) wahr, dass es eine amerikanische Steuerpflicht gibt.
Für uns gab es keine Informationen von der lokalen Regierung, das Konsulat verwies uns an das amerikanische Finanzamt, aber das Finanzamt war undurchdringlich.
Deshalb haben wir diese Initiative ins Leben gerufen, um Menschen aus aller Welt mit guten Informationen zu unterstützen, unnötige Panik zu vermeiden und unverbindlich und kostenlos Hilfe zu leisten.
Wenn gewünscht und notwendig, verfügen wir über ein Netzwerk von bezahlbaren Fachleuten (Buchhaltern und US-Steuerberatern), die Ihnen bei Ihren Verpflichtungen behilflich sein können und möglicherweise Doppelbesteuerung USA Deutschland vermeiden.
Fragen zu deutscher und amerikanischer Staatsbürgerschaft und US–Steuererklärungen? Wenn dies der Fall ist, kontaktieren Sie Americans Overseas.
Nehmen Sie jetzt für weitere Informationen Kontakt auf
Quelle: Wiesbadener Kurier